Unterwegs

In der Bahn, einmal quer durch die Stadt.
30 Minuten dauert die Reise, beinahe komplett über Tage und an vielen bekannten Bauwerken entlang.

Es ist schönstes Wetter für diese Jahreszeit, beinahe 20 Grad, und die ersten Touristenschwärme spülen durch die Strassen.

Wir sind auf dem Heimweg. Müde und erledigt kringelt sich der Hund unter der Sitzbank zusammen und hält ein Schläfchen, während Schwede und ich uns angenervte Blicke zuwerfen angesichts der leeren Bierflasche, die bei jedem Ruck durch den Gang kullert. Und angesichts der stinkenden Bierlache, die sich durch das halbe Abteil zieht.

Ein Platz auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges ist nass. Vor uns hätte sich dort fast eine Dame hingesetzt, ist aber mit einem angeekelten Schreck und einer nassen Hand davongekommen. Netterweise hat sie uns gewarnt und das wollen wir natürlich weitergeben.

Die ersten Stationen bleibt der Sitz leer, unsere Region wird schon wegen des Biergeruchs gemieden. Je weiter wir aber Richtung Innenstadt fahren, desto voller werden die Bahnhöfe.

Ein Mann mittleren Alters schiebt sich mit der Menge durch den Gang, will sich gerade setzten, aber wir halten ihn auf. Er sieht ziemlich erleichtert aus, bedankt sich, und steht lieber.

Zwei Stationen später steigt eine junge Frau ein, drängelt sich einigermassen grob an anderen Passagieren vorbei, und steuert zielstrebig auf den Sitz zu. Unser  „Vorsicht, Nass!“ quittiert sie mit einem genervten Seitenblick über den Rand der Sonnenbrille auf den friedlich schlafenden Hund, uns hingegen ignoriert sie völlig. Wie ein schlechter Schauspieler in einer schlechten Werbung.

Alle anderen Fahrgästen um uns herum hingegen haben unsere Warnung nicht nur gehört, sondern auch bestens verstanden, und dürfen nun Zeuge werden, wie eines dieser jungern, übercoolen Großstadt-Mausis seinen trendigen Leggings-Hintern mit gekonntem Schwung in einen bier-triefenden Plüschsitz platscht.

Im selben Moment muss es zu ihrer Haut durchgedrungen sein, dass es ein Problem gibt.
'Unsrer Warnung war echt, weißt du! Wir sind nämlich von den Guten, Mädchen!', dachte ich so, und 'kein Mitleid für Zicken'.

Schwede guckt mich irritiert an. Ich zucke Schultern, beisse in mein Zeigefingergelenk und versuche, nicht hinzusehen. Alle versuchen einen kleinen Tick zu angestrengt, nicht hinzusehen. Aber alle müssen lachen und gucken doch, weil sie wissen wollen, wie lange das Mädel es schafft, cool zu bleiben und sich nichts anmerken zu lassen. Ich beisse noch ein bißchen fester zu.

Schwede fragt gespielt unschuldig an mich gewandt „merkt sie das vielleicht nicht?“.
Mausi mit dem Bierhintern rückt unauffällig ein Stückchen nach rechts.
Ich nuschele „vielleicht ist es getrocknet“.
Schwede antwortet todernst „so schnell trocknet das nicht. Aber vielleicht perlt es ab“.
Mausi wirft uns einen Killerblick zu, als wäre die ganze böse Welt unsere Schuld.
Dann steht sie auf und steigt aus.
Schwede verzieht das Gesicht, als sie vorbeigeht. „Um die Zeit schon so’ne Fahne!“, es klingt amüsiert.
"Für nur eine Station braucht die einen Sitzplatz?!“ murre ich leise und der Hund unterm Sitz schnauft verächtlich dazu.

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